Papst Franziskus: Katholische Bildung für eine bessere Zukunft

Papst Franziskus trifft die Stiftung Gravissimum Educationis im Vatikan (Vatican Media)

Nur indem man die Erziehung ändert, kann man die Welt ändern. Das schrieb Papst Franziskus an diesem Montag den Mitgliedern der Stiftung Gravissium Educationis ins Stammbuch, die er in Audienz empfing.

Christine Seuss – Vatikanstadt

Die katholische Bildung, so unterstrich Franziskus in seiner Ansprache, müsse dafür sensibilisieren, wie heute getroffene Entscheidungen sich auf zukünftige Generationen auswirken, ohne jedoch die Wurzeln der Vergangenheit und das friedliche Zusammenleben von Bürgern, Kulturen und Religionen zu vernachlässigen.

Er würdigte in seiner Ansprache den Einsatz der Stiftung, die er anlässlich des 50. Jahrestages des gleichnamigen Konzilsdokumentes am 28. Oktober 2015 selbst ins Leben gerufen hatte, um die Zusammenarbeit von katholischen Bildungseinrichtungen „im Gleichschritt mit den historischen Transformationen unserer Zeit“ zu verbessern.

Bereits die Konzilserklärung Gravissimum educationis habe diesen Anspruch an die katholische Bildungsarbeit gestellt, erinnerte der Papst mit Verweis auf seine Apostolische Konstitution Veritatis gaudium, die die Aufforderung des Konzils aufgegriffen habe. Insbesondere habe er dabei die „dringende Notwendigkeit“ betont, ein „Netzwerk“ zwischen all den verschiedenen Einrichtungen zu bilden, „die auf der ganzen Welt die kirchlichen Studien pflegen und fördern“. Dies gelte in einem weiteren Sinn auch für alle katholischen Bildungsstätten, so der Papst, der einige Vorschläge für eine „Bildungswende“ im Zeichen des Netzwerkens erläuterte.

Interdisziplinärer Wissens- und Erkenntnistransfer

Es gehe zunächst einmal darum, Schulen und Universitäten zusammenzubringen, um das Bildungsangebot zu verstärken, sich gegenseitig zu bereichern und so größere Effizienz auf intellektuellem und kulturellem Niveau zu erreichen. Gleichzeitig müsse dies durch einen weit angelegten Wissens- und Erkenntnistransfer geschehen, um den „komplexen Herausforderungen“ mit der „Inter- und Transdisziplinarität“ entgegenzutreten. „Netzwerke bilden bedeutet Orte der Begegnung und des Dialogs innerhalb der Institutionen zu schaffen und sie nach außen zu erweitern, mit Bürgern, die aus anderen Kulturen, Traditionen und Religionen kommen, damit der christliche Humanismus die universelle Bedingung der Menschheit heute untersuchen möge,“ so die dritte Anmerkung des Papstes. Über die Bildungsprogramme hinaus müsse man „aus der Schule eine erziehende Gemeinschaft” machen, in der Dozenten und Schüler „durch ein Programm des Lebens und der Erfahrung“ verbunden seien, was zu einem lebendigen Austausch über die Generationen hinweg führe: dies sei „sehr wichtig, um die Wurzeln nicht zu verlieren,“ unterstrich der Papst.

“ Nur wenn man die Erziehung ändert, kann man die Welt ändern ”

Dabei seien die Herausforderungen, vor denen die Menschheit stehe, nicht nur thematisch und örtlich breit aufgestellt, betonte Franziskus. Vielmehr müsste man sich dessen bewusst sein, dass heute getroffene Entscheidungen auch weit in die Zukunft hinein reichten und zukünftige Generationen beeinflussten.
Aus diesem Grund sei es notwendig, auch mit der katholischen Erziehung zu einer Zukunft beizutragen, „in der die Würde des Menschen und die universale Geschwisterlichkeit globale Ressourcen seien, die jedem Bürger der Welt zur Verfügung stehen“, so die Vision des Papstes. „Erziehen heißt umformen,“ so das Thema der Tagung, zu der sich die rund 80 Mitglieder der Stiftung derzeit versammelt haben. Dies unterstrich auch der Papst, der betonte: „Nur wenn man die Erziehung ändert, kann man die Welt ändern“:

“ Die Herausforderungen, die den Menschen von heute vor Fragen stellen, sind global, in einem weiteren Sinn, als man gemeinhin annimmt ”

„Die Herausforderungen, die den Menschen von heute vor Fragen stellen, sind global, in einem weiteren Sinn, als man gemeinhin annimmt. Die katholische Erziehung beschränkt sich nicht darauf, den Geist für einen weiteren Blick auszubilden, der in der Lage ist, auch weit entfernte Wirklichkeiten zu erfassen. Sie nimmt wahr, dass sich die moralische Verantwortlichkeit des Menschen von heute über den Raum hinaus auch über die Zeit erstreckt, und dass die Entscheidungen von heute Auswirkungen auf die zukünftigen Generationen haben.“

“ Wir müssen der globalen Welt eine Seele geben ”

Mit Blick auf seine Apostolische Exhortation Evangelii gaudium lud der Papst außerdem dazu ein, „uns nicht die Hoffnung rauben zu lassen und den gesellschaftlichen Veränderungen positiv entgegenzutreten, „erleuchtet“ durch das „Versprechen des christlichen Heils“, um der „globalen Welt von heute Hoffnung zu schenken:

„Eine Globalisierung ohne Hoffnung und ohne Vision ist den Bedingungen von wirtschaftlichen Interessen unterworfen, die oftmals von einer richtigen Auffassung vom Guten entfernt sind. Sie erzeugt leicht soziale Spannungen, wirtschaftliche Konflikte und Machtmissbrauch. Wir müssen der globalen Welt eine Seele geben, durch eine intellektuelle und moralische Ausbildung, die es versteht, die guten Seiten der Globalisierung vorzuziehen und die negativen zu korrigieren.“

“ Enger Zusammenhang zwischen menschlicher Misere und der ökologischen Krise ”

Dieses, so betonte der Papst, seien „wichtige Meilensteine”, die durch die Entwicklung der wissenschaftlichen Forschung zu erreichen seien, die auch der Mission der Stiftung zugrunde liege. Die positiven Seiten der Globalisierung, wie eine „größere Zusammengehörigkeit zwischen den menschlichen Wesen“ seien unbedingt zu verstärken, während die damit einhergehenden „Ungerechtigkeiten“ und der „enge Zusammenhang zwischen menschlicher Misere und der ökologischen Krise“ unseres Planeten auch durch die akademischen Anstrengungen sichtbar werde.

Identität, Qualität und Gemeinwohl

Drei Kriterien seien es, die „essentiell“ für die Arbeit der Wissenschaftler und Forscher sei, so Franziskus: die Identität, die Qualität und das Gemeinwohl. Das erste erfordere „Kohärenz und Kontinuität“ in der Mission der Bildungseinrichtungen, die durch die katholische Kirche eingerichtet wurden, „allen offenstehen“ und in der Tradition der „christlichen Zivilisierung“ und der „evangelisierenden Mission der Kirche“ stünden. „Damit könnt ihr dazu beitragen, anzuzeigen, welche Straßen einzuschlagen seien, um aktuelle Antworten auf die Dilemma der Gegenwart zu geben, mit einem besonderen Augenmerk auf die Notleidendsten“.

Ein weiterer Knackpunkt sei die „Qualität“ der Ausbildung, notwendig, um die interdisziplinären Leistungszentren zu schaffen, von denen die Konstitution spreche und die die Stiftung Gravissimum Educationis fördern wolle, unterstrich der Papst.

„Und dann darf in eurer Arbeit nicht das Ziel des Gemeinwohls fehlen. Das Gemeinwohl ist schwierig zu definieren in unseren Gesellschaften, die durch das Zusammenleben von Bürgern, Gruppen und Völkern verschiedener Kulturen, Traditionen und Religionen geprägt sind. Man muss den Horizont des Gemeinwohls erweitern und alle zu einer Zugehörigkeit zur Menschheitsfamilie erziehen.“

Ein Programm, das auf diesen festen Pfeilern fuße, so die abschließenden Bemerkungen des Papstes, könne durch die Erziehung zu der Entwicklung einer Zukunft beitragen, “in der die Würde der Person und die universale Geschwisterlichkeit globale Ressourcen seien, die jedem Bürger der Welt zur Verfügung stehen.”

Gravissimum Educationis im Einsatz für das katholische Bildungswesen

Die weltweit bestehenden katholischen Lehreinrichtungen umfassen etwa 216.000 katholische Schulen mit 61 Millionen Studenten sowie 1.760 katholische Hochschulen bzw. Universitäten mit 11 Millionen Studenten. Bildung für die Jugend ist ein Anliegen des ehemaligen Lehrers Bergoglio auch als Papst. So treibt Franziskus mit dem weltweiten katholischen Schulnetzwerk „Scholas Occurrentes“, das er schon als Erzbischof von Buenos Aires initiierte und später in eine päpstliche Stiftung umwandelte, eine weitere weltweite Bildungsinitiative voran. Der Name der 2015 gegründeten päpstlichen Stiftung „Gravissimum Educationis“ lehnt sich an die gleichnamige Erklärung über die christliche Erziehung an, die vom Zweiten Vatikanischen Konzil formuliert und von Papst Paul VI. 1965 promulgiert wurde.

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Quelle

Papstpredigt zum Konsistorium: Auch Feind muss man lieben

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Papst Franziskus

Hier die Homilie des Heiligen Vaters beim Ordentlichen Öffentlichen Konsistorium für die Kreierung neuer Kardinäle in der römischen Basilika St. Peter von diesem Samstag, 19. November 2016:

 

Der Abschnitt aus dem Evangelium, den wir eben gehört haben (vgl. Lk 6,27-36), ist von vielen die „Feldpredigt“ genannt worden. Nach der Einsetzung der Zwölf stieg Jesus mit seinen Jüngern hinunter in die Ebene, wo eine Menschenmenge auf ihn wartete, um ihn zu hören und sich heilen zu lassen. Die Berufung der Apostel geht einher mit diesem „Sich-auf-den-Weg-Machen“ in die Ebene, zur Begegnung mit einer großen Anzahl von Menschen, die – wie der Evangelientext sagt – „geplagt“ waren (vgl. V. 18). Anstatt die Jünger oben auf dem Berg, auf dem Gipfel zu lassen, führt die Wahl sie ins Herz der Menge, stellt sie mitten in ihre Qualen hinein, auf die Ebene ihres Lebens. Auf diese Weise offenbart der Herr ihnen und uns, dass man den wahren Gipfel in der Ebene erreicht, und die Ebene erinnert uns daran, dass der Gipfel in einem Blick liegt und besonders in einem Aufruf: » Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist! « (V. 36).

Es ist eine Einladung, die von vier Imperativen, wir könnten sagen von vier Ermahnungen begleitet ist, die der Herr an sie richtet, um ihre Berufung in der Konkretheit, im Alltag des Lebens zu formen. Es sind vier Tätigkeiten, die dem Weg des Jüngers Form geben, Leibhaftigkeit verleihen und ihn greifbar machen sollten. Wir könnten sagen, dass es vier Abschnitte der Mystagogie der Barmherzigkeit sind: Liebt, tut Gutes, segnet und betet. Ich denke, dass wir über diese Aspekte alle einer Meinung sein können und dass sie uns auch als vernünftig erscheinen. Es sind vier Handlungen, die wir leicht verwirklichen mit unseren Freunden, mit den Menschen, die uns mehr oder weniger nahe stehen, nahe im Hinblick auf Zuneigung, Geschmack und Gewohnheiten.

Das Problem kommt auf, wenn Jesus uns die Zielgruppe dieser Handlungen vorstellt, und darin ist er ganz unmissverständlich, gebraucht er weder Umschweife, noch Beschönigungen. Liebt eure Feinde, tut Gutes denen, die euch hassen, segnet die, die euch verfluchen, betet für die, die euch misshandeln (vgl. V. 27-28).

Und das sind keine Handlungen, die gegenüber einem, der als Gegner, als Feind vor uns steht, selbstverständlich sind. Solchen gegenüber ist unsere erste, instinktive Haltung die, sie zu disqualifizieren, sie zu diskreditieren, sie zu verfluchen; in vielen Fällen versuchen wir, sie zu „verteufeln“, mit dem Ziel, eine „heilige“ Rechtfertigung zu haben, um sie uns vom Halse zu schaffen. Im Gegensatz dazu sagt uns Jesus in Bezug auf den Feind, auf den, der dich hasst, dich verflucht oder dich diffamiert: Liebe ihn, tu ihm Gutes, segne ihn und bete für ihn.

Wir stehen vor einer der ureigensten Charakteristiken der Botschaft Jesu, dort, wo sich seine Kraft und sein Geheimnis verbergen. Dort entspringt die Quelle unserer Freude, von dort kommen die Macht unserer Sendung und die Verkündigung der Frohen Botschaft. Der Feind ist einer, den ich lieben muss. Im Herzen Gottes gibt es keine Feinde, Gott hat nur Söhne und Töchter. Wir richten Mauern auf, bauen Barrieren und stufen die Menschen ein. Gott hat Söhne und Töchter, und zwar nicht, um sie sich vom Leibe zu halten. Die Liebe Gottes hat das Merkmal der Treue zu den Menschen, denn es ist eine leidenschaftliche Liebe, eine Mutter- und Vaterliebe zugleich, die sie nicht im Stich lässt, selbst wenn sie Fehler begangen haben. Unser Vater wartet nicht darauf, die Welt erst dann zu lieben, wenn wir gut sein werden, er wartet nicht darauf, uns erst dann zu lieben, wenn wir weniger ungerecht oder wenn wir vollkommen sein werden. Er liebt uns, weil er die Wahl getroffen hat, uns zu lieben; er liebt uns, weil er uns die Gotteskindschaft verliehen hat. Er hat uns sogar geliebt, als wir noch Feinde waren (vgl. Röm 5,10). Die bedingungslose Liebe des Vaters zu allen war und ist ein echtes Erfordernis der Umkehr für unser armseliges Herz, das dazu neigt, zu richten, zu trennen, Gegensätze zu schaffen und zu verurteilen. Das Wissen, dass Gott auch den, der ihn ablehnt, weiter liebt, ist eine unerschöpfliche Quelle der Zuversicht und ein Ansporn für die Mission. Keine schmutzige Hand kann verhindern, dass Gott in diese Hand das Leben legt, das er uns schenken möchte.

Unsere Epoche ist gekennzeichnet durch gewaltige Problemkomplexe und Fragen auf Weltebene. Wir erleben eine Zeit, in der in unseren Gesellschaften die Polarisierung und die Ausschließung als einzige Möglichkeit zur Lösung von Konflikten seuchenartig wieder aufleben. So sehen wir zum Beispiel, wie jemand neben uns rasch nicht nur als Unbekannter oder Immigrant oder Flüchtling eingestuft, sondern als Bedrohung wahrgenommen und als Feind eingestuft wird. Feind, weil er aus einem fernen Land kommt oder weil er andere Bräuche hat. Feind wegen seiner Hautfarbe, wegen seiner Sprache oder seiner gesellschaftlichen Stellung, Feind, weil er anders denkt und auch weil er einen anderen Glauben hat. Feind weil… Und ohne dass wir es merken, macht sich diese Logik in unserer Lebens-, Handlungs- und Vorgehensweise breit. Dann beginnen alle und alles den Beigeschmack der Feindschaft zu haben. Nach und nach verwandeln sich die Verschiedenheiten in Symptome von Feindseligkeit, Bedrohung und Gewalt. Wie viele Wunden vergrößern sich aufgrund dieser Seuche der Feindschaft und Gewalt, die im Fleisch vieler ihre Spuren hinterlässt, die keine Stimme haben, weil ihr Aufschrei schwächer geworden und schließlich verstummt ist aufgrund dieser Pathologie der Gleichgültigkeit! Wie viele Situationen der Unsicherheit und des Leidens werden durch diese Zunahme der Feindschaft unter den Völkern, unter uns, ausgesät! Ja, unter uns, in unseren Gemeinschaften, unseren Priesterkollegien, unseren Versammlungen. Das Virus der Polarisierung und der Feindschaft dringt in unsere Art zu denken, zu fühlen und zu handeln ein. Dagegen sind wir nicht immun, und wir müssen aufpassen, dass eine solche Haltung nicht unser Herz in Beschlag nimmt, denn das würde sich gegen den Reichtum der Universalität der Kirche wenden, den wir in diesem Kardinalskollegium mit Händen greifen können. Wir kommen aus fernen Ländern, haben unterschiedliche Bräuche, Hautfarben, Sprachen und gesellschaftliche Stellungen; wir haben unterschiedliche Denkweisen und feiern sogar den Glauben in verschiedenen Riten. Und nichts von alledem macht uns zu Feinden, im Gegenteil, es ist einer unserer größten Reichtümer.

Liebe Brüder, Jesus hört nicht auf, „vom Berg hinabzusteigen“, unaufhörlich möchte er uns in den Kreuzweg unserer Geschichte einfügen, um das Evangelium der Barmherzigkeit zu verkünden. Immer wieder ruft Jesus uns und sendet uns in die „Ebene“ unserer Völker, immer wieder lädt er uns ein, unser Leben damit zu verbringen, die Hoffnung unserer Leute zu unterstützen, als Zeichen der Versöhnung. Als Kirche sind wir immer wieder eingeladen, unsere Augen zu öffnen, um auf die Wunden so vieler Brüder und Schwestern zu schauen, die ihrer Würde beraubt sind, die in ihrer Würde beraubt sind.

Lieber Mitbruder und neuer Kardinal, der Weg zum Himmel beginnt in der Ebene, im Alltag des zerstückelten und miteinander geteilten Lebens, eines verausgabten und verschenkten Lebens. In der täglichen und stillschweigenden Gabe dessen, was wir sind. Unser Gipfel ist diese Qualität der Liebe; unser Ziel und unsere Bestrebung ist, zu versuchen, in der Ebene des Lebens gemeinsam mit dem Volk Gottes uns in Menschen zu verwandeln, die zu Vergebung und Versöhnung fähig sind.

Lieber Bruder, heute wird von dir verlangt, in deinem Herzen und in dem der Kirche diese Einladung zu bewahren, barmherzig wie der Vater zu sein und dabei dies im Bewusstsein zu haben: » Wenn uns etwas in heilige Sorge versetzen und unser Gewissen beunruhigen soll, dann ist es die Tatsache, dass so viele unserer Brüder und Schwestern ohne die Kraft, das Licht und den Trost der Freundschaft mit Jesus Christus leben, ohne eine Glaubensgemeinschaft, die sie aufnimmt, ohne einen Horizont von Sinn und Leben « (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium 49).

(rv 19.11.2016 mg)

Kuba: Papst Franziskus: Predigt auf dem Platz der Revolution

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Papst Franziskus auf dem Platz der Revolution in Havanna. – AFP

Papstmesse auf der Plaza de la Revolución in Havanna

Wir dokumentieren hier die offizielle deutsche Übersetzung:

Das Evangelium zeigt uns Jesus, wie er seinen Jüngern eine scheinbar indiskrete Frage stellt: „Worüber habt ihr unterwegs gesprochen?“ (Mk 9,33). Eine Frage, die er auch uns heute stellen kann. Worüber sprecht ihr täglich? Was sind eure Bestrebungen? „Sie schwiegen“, sagt das Evangelium, „denn sie hatten unterwegs miteinander darüber gesprochen, wer [von ihnen] der Größte sei“ (Mk 9,34). Die Jünger schämten sich, Jesus zu sagen, worüber sie gesprochen hatten. Wie bei den Jüngern von damals, so kann auch uns heute dieselbe Diskussion begleiten: Wer ist der Größte?Jesus besteht nicht auf der Frage, er zwingt sie nicht, ihm zu antworten, worüber sie unterwegs gesprochen haben, doch seine Frage bleibt nicht nur im Gedächtnis, sondern auch im Herzen der Jünger bestehen.Wer ist der Größte? – Eine Frage, die uns das ganze Leben hindurch begleiten wird, und in den verschiedenen Lebensphasen werden wir herausgefordert sein, sie zu beantworten. Wir können dieser Frage nicht ausweichen; sie ist ins Herz eingraviert. Ich erinnere mich, wie mehr als einmal in Familienzusammenkünften die Kinder gefragt wurden: Wen hast du mehr lieb, Papa oder Mamma? Das ist, als fragte man sie: Wer ist wichtiger für euch? Ist diese Frage so nur ein einfaches Kinderspiel? Die Geschichte der Menschheit ist durch die Art und Weise, auf diese Frage zu antworten, geprägt worden.

Jesus fürchtet die Fragen der Menschen nicht; er fürchtet weder die Menschheit noch das unterschiedliche Suchen, das diese anstellt. Im Gegenteil, er kennt die „Schlupfwinkel“ des menschlichen Herzens, und als guter Pädagoge ist er bereit, uns immer zu begleiten. Wie es seiner Art entspricht, nimmt er unser Suchen, unsere Bestrebungen an und gibt ihnen einen neuen Horizont. Wie es seiner Art entspricht, gelingt es ihm, eine Antwort zu geben, die fähig ist, eine neue Herausforderung zu stellen, indem er „die erwarteten Antworten“ oder das scheinbar Feststehende aus den Angeln hebt. Wie es seiner Art entspricht, stellt Jesus immer die Logik der Liebe auf. Eine Logik, die von allen gelebt werden kann, weil sie für alle ist.

Weit entfernt von jeglichem Elitismus, umfasst der Horizont Jesu nicht nur einige wenige Privilegierte, die fähig sind, zur „ersehnten Erkenntnis“ oder zu verschiedenen Ebenen der Spiritualität zu gelangen. Der Horizont Jesu ist immer ein Angebot für das tägliche Leben, auch hier auf „unserer Insel“; ein Angebot, das dem Alltag immer den Geschmack der Ewigkeit verleiht.

Wer ist der Größte? Jesus ist in seiner Antwort ganz einfach: „Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein“ (Mk 9,35). Wer groß sein will, soll den anderen dienen und nicht sich der anderen bedienen.

Hier liegt die große Paradoxie Jesu. Die Jünger diskutierten darüber, wer den wichtigsten Platz einnehmen werde, wer als Privilegierter auserwählt werden würde, wer vom allgemeinen Recht, von der generellen Norm entbunden sein werde, um sich in einem Streben nach Überlegenheit von den anderen abzuheben. Wer schneller aufsteigen werde, um die Ämter zu besetzen, die gewisse Vorteile mit sich brächten.

Jesus bringt ihre Logik durcheinander, indem er ihnen einfach sagt, dass das authentische Leben im konkreten Engagement für den Nächsten gelebt wird.

Die Einladung zum Dienst beinhaltet eine Besonderheit, die wir beachten müssen. Dienen bedeutet großenteils, Schwäche und Gebrechlichkeit zu beschützen, für die Schwachen in unseren Familien, in unserer Gesellschaft, in unserem Volk zu sorgen. Die leidenden, schutzlosen, verängstigten Gesichter sind es, auf die zu schauen und die konkret zu lieben Jesus uns einlädt. Eine Liebe, die in Taten und Entscheidungen Form annimmt. Eine Liebe, die sich in den verschiedenen Aufgaben zeigt, die wir als Bürger entfalten sollen. Wir sind von Jesus aufgefordert, für die Menschen in ihrer Leiblichkeit mit ihrem Leben, ihrer Geschichte und besonders mit ihrer Gebrechlichkeit einzutreten, für sie zu sorgen und ihnen zu dienen. Denn Christ zu sein schließt ein, der Würde der Mitmenschen zu dienen, für die Würde der Mitmenschen zu kämpfen und für die Würde der Mitmenschen zu leben. Darum sind die Christen immer aufgefordert, im konkreten Blick auf die Schwächsten ihr Suchen, ihr Streben und ihre Sehnsucht nach Allmacht auszublenden.

Es gibt einen Dienst, der dienlich ist; doch wir müssen uns hüten vor dem anderen „Dienst“, vor der Versuchung des „Dienstes“, der sich bedient. Es gibt eine Form, den Dienst auszuüben, deren Interesse darin besteht, die „Meinen“ zu begünstigen im Namen des „Unsrigen“. Dieser Dienst lässt die „Deinen“ immer draußen und schafft eine Dynamik der Ausschließung.

Alle sind wir aufgrund der christlichen Berufung zu dem Dienst aufgefordert, der dienlich ist, und dazu, einander zu helfen, nicht den Versuchungen zum „Dienst, der sich bedient“ zu erliegen. Alle sind wir von Jesus eingeladen und angeregt, uns aus Liebe wechselseitig umeinander zu kümmern. Und das, ohne zur Seite zu blicken, um zu sehen, was der Nachbar tut oder zu tun unterlassen hat. Jesus sagt uns: „ Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein“ (Mk 9,35). Er sagt nicht: Wenn dein Nachbar der Erste sein will, soll er dienen. Wir müssen uns vor dem beurteilenden Blick hüten und uns entschließen, an den verwandelnden Blick zu glauben, zu dem Jesus uns einlädt.

Diese Haltung, uns aus Liebe umeinander zu kümmern, läuft nicht auf Servilität und Unterwürfigkeit hinaus, sondern stellt im Gegenteil in den Mittelpunkt der Frage den Mitmenschen und Bruder: Der Dienst schaut immer auf das Gesicht des Bruders oder der Schwester, berührt seine Leiblichkeit, spürt seine Nähe und in manchen Fällen sogar das „Kranke“ und sucht, ihn zu fördern. Darum ist der Dienst niemals ideologisch, denn man dient nicht Ideen, sondern man dient den Menschen.

Das heilige gläubige Gottesvolk, das seinen Weg in Kuba geht, ist ein Volk, das Freude hat am Fest, an der Freundschaft und am Schönen. Es ist ein Volk, das singend und lobpreisend vorangeht. Es ist ein Volk, das Wunden hat wie jedes Volk, das aber versteht, mit offenen Armen da zu sein, ein Volk, das voller Hoffnung voranschreitet, denn es ist zu Großem berufen. Heute lade ich euch ein, diese Berufung zu pflegen, diese Gaben zu pflegen, die Gott euch geschenkt hat, aber ich möchte euch auffordern, euch in besonderer Weise der Schwäche eurer Brüder und Schwestern anzunehmen und ihnen zu dienen. Vernachlässigt sie nicht aufgrund von Vorhaben, die sich als verführerisch erweisen können, aber das Gesicht dessen, der neben euch steht, nicht beachten. Wir kennen und bezeugen die „unvergleichliche Kraft“ der Auferstehung, die „überall Keime dieser neuen Welt hervorbringt“ (vgl. Evangelii gaudium, 276.278).

Vergessen wir nicht die Frohe Botschaft von heute: Die Größe und Bedeutung eines Volkes, einer Nation, die Größe einer Person beruht immer auf der Art, wie man der Schwäche und Gebrechlichkeit der Mitmenschen dient. Darin begegnen wir einer der Früchte einer wahren Menschlichkeit.

„Wer nicht lebt, um zu dienen, versteht nicht zu leben.“

(rv 20.09.2015 no)

Ergänzend hierzu:

EINE ANALYSE DER APOSTOLISCHEN EXHORTATION „EVANGELII GAUDIUM“

ANALYSE DER OFFIZIELLEN BERGOGLIADE

Kurze Synthese der Apostolischen Exhortation
EVANGELII GAUDIUM

Von Augusto del Rio

Der berühmte Autor des Buches „El Drama Litúrgico“, Augusto del Río, hat uns eine Rezension des ersten doktrinellen Dokuments zubereitet, das aus der Feder des Papstes  Franziskus hervorgegangen ist, die Apostolische Exhortation Evangelii Guadium. Aus didaktischen Gründen hat er sie vorbereitet mit einer ganz kurzen allgemeinen Analyse und zwei messerscharfe Analysen, die der Autor „negative Signale“ und „positive Signale“ nennt. Es scheint unerlässlich, diese Arbeit zu lesen, um einen Bezugspunkt zu haben zu dem, was in dem päpstlichen Dokument ausgeführt wird, insbesondere für uns, die wir keine Spezialisten in Theologie sind.

ALLGEMEINE ANALYSE

Es ist ein äusserst langes Dokument; es bezieht sich nie auf Jesus Christus als den „Erlöser“. Es enthält wohl einen Hinweis auf die „erlösenden“ Arme des Herrn (Nr. 3). Es verwendet stets [den Begriff] „der Auferstandene“, um sich auf Jesus Christus zu beziehen. Niemals ist es „Unser Herr Jesus Christus“; „Unser Herr“ wird nur einmal verwendet.

Nicht eine einzige Bezugnahme auf die Erbsünde. Ebensowenig auf die Erbschuld, die der Erlösung bedurfte, um geheilt zu werden. Keinerlei Bezug auf die Elends-Situation des Menschen ohne Christus.

Die Hauptverkündigung ist: die persönliche Liebe Gottes, der Mensch geworden ist, sich für uns hingegeben hat und lebt, um sein Heil und seine Freundschaft anzubieten. Aber nie wird es klar, wovon er uns retten muss. Und oftmals verbleibt eine Verwirrung durch eine Ankündigung menschlicher (Be-)Förderung.

Es enthält eine durchgehende Disqualifikation der Verkündigung in der Form von KONKRETEN WAHRHEITEN. Eine Disqualifikation der „starren“, „präzisen“, „orthodoxen“ Formeln, die niemals die Verkündigung einschliessen können. Diese Schemen sind „langweilig“.

In der Tat existiert keinerlei Hinweis darauf, dass die Verkündigung ETWAS KONKRETES UND BESTIMMTES zu schaffen mit einschliesst.

Nirgendwo gibt es eine Bezugnahme darauf, dass die Anderen BEKEHRT werden müssen. Und man erinnere sich, dass man hier von einem Dokument über die Evangelisierung spricht.

Sämtliche Referenzen handeln vom Sich-selbst-Bekehren, dass die Kirche sich bekehren müsse, damit sie wirksamer verkünde, dass die in der Pastoral Tätigen sich bekehren. Nie ein Hinweis auf das Problem der Rettung jener, die in den falschen Religionen sind (natürlich werden sie nie als solche bezeichnet).

Die Gnade wird erwähnt, aber eine Definition derselben erfolgt nie. Und weniger noch wird sie angewendet als eine übernatürliche Kraft, die absolut notwendig ist für das Heil.

Nie ist die Sprache von der Möglichkeit der ewigen Verdammnis.

Mehrmals wirft er den Stein und versteckt die Hand, weil er nicht erklärt, auf welche konkreten Beispiele er sich bezieht.

Es gibt eine Vielzahl von Äusserungen, die verfehlte und missverständliche „Gefühle“ bezüglich der Wichtigkeit sowohl des Festgeschriebenen der Doktrin wie des Lehramtes in der Geschichte der Kirche hervorrufen.

Er verwendet ständig die Kategorie des Volkes Gottes, um sich auf die Kirche zu beziehen mit der Zweideutigkeit, die dies beinhaltet.

Wenn jemand analysieren will, welches seine Quelle sind, möge er vergegenwärtigen, dass er auf folgende Weise zitiert hat:

48-mal Johannes Paul II.
40-mal die Synode der Bischöfe über die Neuevangelisierung
24-mal Paul VI.
20-mal Benedikt XVI. (einschliesslich eines Zitates von Kardinal Ratzinger)
18-mal das II. Vatikanische Konzil
12-mal den hl. Thomas von Aquin, aber in keiner bezieht sich der Heilige auf den Glauben, die Wahrheit und den Gegenstand der Evangelisierung.
10-mal auf das Dokument von Aparecida
9-mal auf die heiligen Kirchenväter
7-mal auf den Katechismus der Soziallehre der Kirche
4-mal auf Dokumente der Glaubenskongregation
2-mal auf das Dokument von Puebla
2-mal auf die Bischofskonferenz der USA
2-mal auf die Bischofskonferenz Frankreichs
1-mal auf CATIC
1-mal auf die Bischofskonferenz von Brasilien
1-mal auf die Bischofskonferenz der Philippinen
1-mal auf die Bischofskonferenz des Kongo
1-mal auf die Bischofskonferenz von Indien
1-mal auf das Dokument der Internationalen Theologischen Kommission „Das Christentum und die Religionen“ (1996).
1-mal auf die Italienische Katholische Aktion
1-mal auf Platon, auf Newman, auf G. Bernanos, auf Kempis, auf die hl. Theresia von Lisieux, auf Guardini, auf „Tucho“ Fernandez (Rektor der UCA) und auf Ismael Quiles.

Besondere NEGATIVE SIGNALE

1. Er verlangt mehr Macht für die Bischofskonferenzen, „EINE GEWISSE AUTHENTISCHE LEHRAUTORITÄT“. (Nr. 32)

2. Das Wesentliche ist „die Schönheit der rettenden Liebe Gottes, die aufscheint im gestorbenen und auferstandenen Jesus Christus“. Nicht eine einzige Bezugnahme auf das Erlösungsopfer Christi, das die Schuld der Sünde des Menschen bezahlt. (Nr. 36)

3. Das Evangelium lädt vor allem dazu ein, dem liebenden Gott zu antworten, der uns rettet. ABER ER SAGT NIRGENS, WOVON ES UNS ERLÖST. (Nr. 39)

4. Er stellt jedwede lehrmässige Verkündigung unter Verdacht. Denn wenn man nicht Gott verkündet, der uns liebt, folgt daraus, dass dies ein Produkt ist von doktrinellen oder moralischen Akzenten, welche aus ideologischen Optionen hervorgehen. (Nr. 39)

5. Er spricht von verschiedenen Richtungen philosophischen, theologischen und pastoralen Denkens und steckt dabei alles in einen Sack, wie wenn die legitime Freiheit, die es geben kann in pastoralen Regeln, dasselbe wäre wie die Freiheit, die es nicht geben kann, wenn man von Philosophien oder Theologien spricht, die eindeutig ein Hindernis sind für eine klare Präsentation der katholischen Wahrheit. Und alles gerechtfertigt, „denn wenn wir uns nicht vor einer monolitischen Lehre befänden, die von allen verteidigt wird ohne Nuancierungen“. (Nr. 40)

6. Er macht den ungeheuren Fehler, dass er sagt, dass eine komplett rechtgläubige Sprache etwas ist, was nicht dem Evangelium Jesu Christi entspricht, weil es nicht die Sprache sei, welche die Gläubigen gebrauchen (Nr. 41).

7. Es ist mehr, sagt er darauf, dass wir ihnen „mit der heiligen Absicht, die Wahrheit über Gott und über das menschliche Sein mitzuteilen, bei einigen Gelegenheiten EINEN FALSCHEN GOTT ODER EIN MENSCHLICHES IDEAL GEBEN, DAS NICHT WAHRHAFT CHRISTLICH IST. Er wirft den Stein und verbirgt die Hand, denn nie erklärt er, auf welche Fälle er sich bezieht.

8. Er sagt, dass DER AUSDRUCK DER WAHRHEIT VIELFÖRMIG SEIN KÖNNE, was er gegen Humani Generis von Pius XII. behauptet, der klar sagt, dass MAN DIE FORMELN, WELCHE DIE JAHRHUNDERTE ALTE WEISHEIT GEHEILIGT HAT FÜR DEN AUSDRUCK DER KATHOLISCHEN WAHRHEIT nicht aufgeben könne.

9. Er zitiert auf unvollständige Weise den hl. Thomas von Aquin, wenn dieser sagt, dass die von Christus und der Apostel dem Volk Gottes (der Kirche) gegebenen Gebote „wenige sind“. Der hl. Thomas bezog sich auf den Vergleich zwischen den lästigen Rechtsvorschriften des Alten Gesetzes und auf das leichte Joch Christi. Jedoch der hl. Thomas sagt, dass es sehr wenige sind, welche Christus dem Gesetz der 10 Gebote hinzugefügt habe. Durch den Kontext gibt der Papst das irrige Empfinden, dass es nur wenige Gebote gibt, dass man nicht so sehr auf ihnen beharren soll und dass sie ein Hindernis sein können, wenn wir eine Predigt wollen, die alle erreicht. (Nr. 43). Überdies ERWÄHNT ER AN KEINER STELLE DAS NATURGESETZ, DAS VON GOTT IN UNSER GEWISSEN EINGEPRÄGT WURDE.

10. „Ebensowenig sollen die Türen der Sakramente verschlossen werden aus irgendwelchem beliebigen Grund“ (Nr. 47) Er erklärt nicht, welches jene irgendwelchen Gründe wären, und schon hat „La Nación“ interpretiert, dass er sich auf die Geschiedenen und Wiederverheirateten bezieht, die zur Kommunion zugelassen werden wollen.

11. Er spricht davon, keine „Kontrolleure der Gnade“ zu sein und dass die Kirche nicht eine Zollstelle sei, während er perfekt weiss, dass Christus gesagt hat, dass man nicht Perlen vor die Schweine werfen soll und die Kirche stets dafür gesorgt hat, dass das Heilige nicht mit Füssen getreten werde. (Nr. 47)

12. Er sagt, dass er eine verbeulte und verletzte und beschmutzte Kirche bevorzuge, die auf die Strassen hinausgeht, statt einer durch Einsperrung verschlossenen Kirche, was eine typische substanzlose Dialektik ausmache. Weder das eine noch das andere.

13. Er stellt die Normen der Kirche in Frage, die, wie er bekräftigt „uns zu unerbittlichen Richtern macht“. (Nr. 49)

14. Er greift die traditionalistischen Gruppen polarisierend an: „äusserliche Formen von Traditionen gewisser Gruppen, oder in vermuteten Privatoffenbarungen, die sie verabsolutieren“ (Nr. 70)

15. Er meint, dass die Warnungen betreffend das Ende der Zeiten und die Apostasie lähmende Schwarzmalereien und steril seien (Nr. 84) und er zitiert, um dies zu beweisen, die berühmte Passage der Eröffnungsrede Johannes XIII. am Konzil, wo er die Propheten von Katastrophen verurteilt, eine Textstelle, von der man heute wohl weiss, dass sie sich auf die Botschaft von Fatima bezieht. Das Seltsame ist, dass Papst Franziskus auch davon spricht, nicht in naive/leichtgläubige Optimismen zu verfallen, obschon gerade diese Rede in diesen Optimismus verfällt.

16. Er wiederholt einige seiner typischen „Bergoglismen“ (eine der vielen des Dokuments) wenn er bekräftigt: „Wir fühlen die Herausforderung, DIE MYSTIK zu entdecken und weiterzugeben, ZUSAMMEN ZU LEBEN, UNS ZU VERMISCHEN, UNS ZU BEGEGNEN, UNS IN DEN ARMEN ZU HALTEN, … (? (Nr. 87)

17. Er prügelt erneut die Traditionalisten, wenn er von „einem selbstbezogenen und prometheischen Neopelagianimus“ spricht, unerschütterlich treu einem gewissen katholischen Stil der Vergangenheit zugehörig (Nr. 94). Eine vermeintliche doktrinelle oder disziplinarische Sicherheit, die einem narzisstischen und autoritären Elitarismus stattgibt, wo man die Kräfte mit Kontrollieren verbraucht (Nr. 94).

18. Noch ein Angriff auf den Traditionalismus ist in der folgenden Nummer (95) enthalten, wenn er sagt, dass sich die Weltlichkeit offenbare in einer zur Schau gestellten Pflege der Liturgie, der Doktrin und des Ansehens der Kirche, dass sie es vorziehen, Generäle zu sein von besiegten Heeren.

19. Er macht in „Demogagie“ mit den Jugendlichen, wenn er ihnen zumisst, die neuen Tendenzen der Menschlichkeit in sich zu tragen (?) (Nr. 108), die uns die Zukunft öffnen (?)

20. Kirche sein heisst, das Heil Gottes in diese Welt zu bringen, aber er erklärt überhaupt nicht, von welcher Art von Rettung wir sprechen und wovon wir uns retten müssen (Nr. 114)

21. Er spricht ohne Genauigkeit von einer Unfehlbarkeit des Gottesvolkes (sensum fidei), ohne sich klar auf die Vollmacht des Lehramtes zu beziehen. (Nr. 119) (Siehe Notiz am Schluss!)

22. Er misst eine unverhältnismässige Rolle der Frömmigkeit des Volkes zu, was nicht notwendigerweise ein sakramentales Leben beinhaltet. (Nr. 125)

23. Erneut bekräftigt er, dass die fundamentale Verkündigung die persönliche Liebe Gottes sei, der Mensch geworden ist, sich für uns hingegeben hat und lebt und uns sein Heil und seine Freundschaft anbietet. Wenn dies die Beziehung zur Guten Nachricht ist, so stellte er ihr nie die Schlechte Nachricht entgegen (die Erbsünde) und die Notwendigkeit, dass Christus sich als Sühneopfer für uns hingab. (Nr. 128)

24. Er verachtet erneut die terminololgische Präzision der Glaubensformeln: „Man darf nicht meinen, die Verkündigung des Evangeliums müsse stets mit festgesetzten gelernten Formeln oder mit präzisen Worten weitergegeben werden, die einen absolut unveränderlichen Inhalt ausdrücken. Sie wird weitergegeben in so verschiedenen Formen, dass es unmöglich wäre, sie zu beschreiben oder zu katalogisieren, in ihnen ist das Volk Gottes mit seinen unzähligen Gesten und Zeichen ein kollektives Subjekt. (Nr. 129)

25. Er wirft einen Mantel der Verdächtigung über jedwelche Art von Uniformität wenn er sagt, dass „dies der Mission der Kirche nicht hilft“. (Nr. 131)

26. Er irrt, wenn er dem einfachen Priester die Macht beimisst, die Schrift auszulegen beim Vorbereiten der Homilien, da man doch genau weiss, dass der Priester den Inhalt des Glaubens vermitteln muss und nicht Interpret sein darf (was dem Lehramt der Kirche obliegt). Nr. 146

27. Es scheint, dass er der Bildung in der Glaubenslehre von neuem die Wichtigkeit abspricht. (Nr. 161)

28. Erneute kritische Anspielung gegen die Predigt der Doktrin, die „manchmal mehr philosophisch als evangelisch“ sei. Die Verkündigung muss die erlösende Liebe Gottes zum Ausdruck bringen, „welche die Wahrheit nicht aufzwingt“ (Nr. 165). Es scheint, als hätte es keinerlei Eile, dass das Volk glaube, weil es sich ohnehin auf jede Weise (wir werden es weiter unten sehen) retten kann.

29. „Die Wahrheit und die Güte des Auferstandenen zum Strahlen bringen“; nie sagt er „Erlöser“. (Nr. 167)

30. Er verfällt in den typischen Fehler, der Verheerungen angerichtet hat unter den Gläubigen, ein ernsthaftes und ausdauerndes Studium der Bibel  anzuregen, ohne irgend etwas zu sagen darüber, dass solche Studien geleitet werden müssen vom Lichte des Lehramtes der Kirche (Nr. 175) und dass die Personen zuerst die grundlegenden Wahrheiten des Glaubens kennen müssen, bevor sie beanspruchen, die Bibel zu studieren.

31. Im ganzen Kapitel IV (Soziale Dimension der Evangelisierung) herrscht ein Charakter von Theologie der Befreiung, indem er nicht adäquat unterscheidet zwischen einer sozioökonomischen Kategorie von Armen und der evangelischen theologischen Kategorie von Armen. (Nr. 176 und folgende), obwohl er eine schwache Unterscheidung versucht zur Ideologie in der Nr. 199.

32. Er fällt in den typischen woytilianischen  und lubac‘schen (Henry de Lubac) Irrtum, der die natürliche Ebene mit der übernatürlichen verwechselt, wenn er „bekennt, dass der Sohn Gottes unsere menschliche Natur angenommen hat, BEDEUTE DIES, DASS JEDE MENSCHLICHE PERSON ZUM HERZEN GOTTES SELBST ERHOBEN WORDEN SEI“. (Nr. 178) Er unterscheidet nicht klar zwischen der natürlichen Würde des Menschen und dem übernatürlichen Gnadenzustand.

33. Er setzt die Prinzipien der Soziallehre der Kirche, die den Gesellschaften beigebracht werden müssen, herab zum blossen „Recht der Hirten, eine Meinung zu äussern“ über die Themen, welche das Leben der Personen betreffen. (Nr. 182)

34. Er meint, dass zwei grosse Fragen die Zukunft der Menschheit bestimmen werden, aber es sind zwei Fragen rein natürlicher Ordnung (der soziale Einschluss der Armen auf der einen Seite, und der soziale Dialog und der Frieden auf der anderen). (Nr. 185)

35. Von neuem kritisiert er die Verteidiger der „Ortodoxie“ (sic, zwischen Anführungszeichen), womit er in substanzloser Dialektik macht. (Nr. 194)

36. Zur gleichen Zeit in der er die Abtreibung verurteilt, sagt er, dass wenig getan worden sei, um die Frauen angemessen zu begleiten, indem man die vielen katholischen Vereinigungen ignoriert habe, welche seit Jahrzehnten den alleinerziehenden Müttern beistehen, von welchen man nicht ein Wort sage. (Nr. 214)

37. Er benutzt eine unpassende Sprache sozilogischer Färbung: „Prozesse in Gang bringen, welche Volk aufbauen“ (sic). Nr. 224

38. Er macht in hegelianischer Dialektik, wenn er auf den Dialog entgegenstehender Positionen anspielt, wie wenn dieser auf die offenbarte Wahrheit angewendet werden könnte. (Nr. 228)

39. Er gleicht Hegel, wenn er behauptet: „Die Einheit des Geistes harmonisiert sämtliche Verschiedenheiten“ (Nr. 230). Und er unterscheidet nicht, wenn er sich auf die bloss zufälligen oder wesentlichen Verschiedenheiten des Glaubens bezieht.

40. Er weigert sich, die philosophische Kategorie des „metaphysischen Realismus“ zu gebrauchen, wenn sämtliche Bedingungen dafür (für ihn) gegeben sind, um die Idealismen und Nominalismen zu kritisieren. (Nr. 232)

41. Er redigiert das Dokument schlecht betreffend die Relation zwischen den Wahrheiten der positiven Wissenschaft und den Wahrheiten des Glaubens, solcherart, dass es scheint, als wäre der Glaube dem positiven wissenschaftlichen Wissen untergeordnet: „wenn… die Wissenschaft…  eine gewisse Folgerung evident macht, welche die Vernunft nicht leugnen kann, wiederspricht das dem Glauben nicht“. (Nr. 243)

42. Er wendet sämtliche Gemeinplätze der ökumenischen Obsession an (Nr. 244 und folgende). IN KEINEM MOMENT SPRICHT ER VON DER BEKEHRUNG, UM IN DIE KATHOLISCHE KIRCHE AUFGENOMMEN ZU WERDEN.

43. Er fällt in den häretischen Irrtum, das zu suchen, was uns eint, um gemeinsame Verkündigungen (des Glaubens) zu betreiben, was den Inhalt des Glaubens auflöst. (Nr. 246)

44. Er fällt in den häretischen Irrtum, dass wir in Betracht ziehen müssen, lernen zu müssen „was der Geist in ihnen (den Häretikern) gesät hat als eine Gabe auch für uns“ (Nr. 246).

45. Es scheint, dass wir zu lernen haben von der Kollegialität der Bischöfe der schismatischen Orthodoxen (Nr. 246) und ihrer Erfahrung „der Synodalität“.

46. Er unterstützt sozusagen sämtliche Behauptungen der jüdisch-christlichen Häresien (Nr. 247 und folgende).

47. „Die Juden sind nicht eingeschlossen in jene, die berufen sind, sich von den Götzen abzuwenden, um sich zum wahren Gott zu bekehren (weil wir zusammen mit ihnen AN DEN EINZIGEN GOTT glauben, der wirkt in der Geschichte, und MIT IHNEN DAS GEMEINSAME GEOFFENBARTE WORT EMPFANGEN“ (Nr. 247). Man bemerke die enorme Häresie, die damit geäussert wird. Man leugnet den Dreieinigen Gott und macht überdies direkte Anspielung auf das Wort Gottes, von dem wir wissen, dass es Christus selbst ist, der von den Juden geleugnet wird. Eine gänzliche Leugnung des Proteevangeliums des heiligen Apostels Johannes.

48. Er spielt an auf die Verfolgungen der Juden in der Vergangenheit seitens der Christen, ohne ein Wort zu sagen über die Verfolgungen der Juden gegen die Christen (Nr. 248).

49. Er behauptet, dass „Gott … Schätze der Weisheit hervorruft, welche der Begegnung mit dem jüdischen Volk mit dem Wort Gottes entspringen“, da wir doch wissen, dass dieses Wort gerade das ist, was sie verleugnen (Nr. 249).

50. Er bekräftigt irrtümlich, dass wir die Texte der hebräischen Bibel miteinander lesen können, während wir doch wissen, dass der talmudische Text die Bibel verdorben hat, um leichter die Prophezeiungen leugnen zu können, die sich auf Christus beziehen und sie überdies verstümmelt hat (Nr. 249). Diese Verstümmlungen (die Eliminierung der „deuterokanonischen“ Schriften des AT in der Version von Jerusalem ging über in die protestantisch genannten Bibeln).

51. Er behauptet irrigerweise, dass die Adepten des Islams  MIT UNS einen Einzigen Gott anbeten. (Nr. 252)

52. Er behauptet, dass der authentische Islam nicht gewalttätig ist, was enorm diskutabel [besser: indiskutabel] ist. (Nr. 253)

53. Er zitiert das entsetzliche Dokument der Internationalen Theologischen Kommission über die Religionen, wo behauptet wird: dass die Nicht-Christen, durch die freigebige göttliche Initiative, und treu seinem Gewissen (ohne hinzuzufügen „rechten“), „gerechtfertigt leben können mittels der Gnade Gottes“ (Nr. 254), was gewiss die Missionen reichlich unnötig macht.

54. Er behauptet die Häresie, gemäss welcher die Riten und Zeichen der falschen Religionen WEGE sein können, DIE DER GEIST SELBST eröffnet, um die Nicht-Christen vom atheistichen Immanentismus zu befreien oder von nur individuellen religiösen Erfahrungen“. (Nr. 254)

Besondere POSITIVE SIGNALE

1. Man solle Moral nicht aus dem Zusammenhang mit der prinzipiellen Verkündigung lehren (Nr. 34).

2. Man soll nicht mehr vom Gesetz reden als von der Gnade (Nr. 38), aber er erklärt nicht, was die Gnade ist und warum sie so notwendig ist.

3. Die christliche Ethik (er sagt nicht katholische Ethik oder katholische Moral) ist nicht eine stoische Ethik, noch [dürfe sich nicht „einzig“ anhäufen) ein Katalog von Sünden und Irrtümern.

4. Er gibt eine richtige Beschreibung, jedoch voll von Gemeinplätzen, der Ungerechtigkeit der weltweiten wirtschaftlichen Lage, die unterworfen ist der Macht des Geldes und den liberalen Prinzipien der freien Marktwirtschaft. Aber er schreibt nichts vom (Zins-)Wucher. (Nr. 52 bis 60)

5. Er desavouiert die „Theorie der Verschwendung“  (Nr. 54), eine Legende des liberalen Kapitalismus.

6. Er spricht von der Globalisierung der Gleichgültigkeit. (Nr. 54)

7. Er spricht vom „Fetischismus des Geldes und der Diktatur der Wirtschaft. (Nr. 55)

8. Er kritisiert jene, die das Recht der Kontrolle der Staaten negieren, die beauftragt sind, für das allgemeine Wohl zu sorgen (Nr. 56)

9. Er bestätigt, dass sich in diesen Aktivitäten die Verweigerung der Ethik und die Ablehnung Gottes verbirgt.

10. Obwohl er nicht vom Wucher spricht, verlangt er eine Finanzreform, in welcher das Geld dient und nicht herrscht. (Nr. 58)

11. Er kritisiert die Konsum-Werbung/Anreizung. (Nr. 60)

12. Er verurteilt den moralischen Relativismus. (Nr. 64)

13. Er spricht vom Komplex der Minderwertigkeit der pastoral Wirkenden, der sie dazu führt, ihre christliche Identität zu relativieren oder ihre Überzeugungen zu verbergen. (Nr. 79)

14. Er anerkennt eine „geistige Verödung“ (Nr. 86), eine Frucht der Gesellschaften, welche sich ohne Gott aufbauen wollen oder die ihre christlichen Wurzeln zerstören.

15. Das den Männern vorbehaltene Priestertum wird nicht zur Diskussion gestellt, aber er beharrt darauf, Formen zu finden, den Platz der Frau anzuerkennen (Nr. 104).

16. Er verlangt eine bessere Auswahl der Kandidaten für das Priestertum, weil sich die Seminare nicht mit irgendwelchem Typ von Motivation füllen können, und weniger noch, wenn diese sich mit affektiven Unsicherheiten verbinden (gegen die Homosexuellen und in katholischen Seminare?). Nr. 107)

17. Er bietet eine Serie von nützlichen Ratschlägen an für die Homilien. (Nr. 135 und folgende)

18. Er sagt, dass die Option für die Armen sich PRINZIPIELL in eine bevorzugte und prioritäre Aufmerksamkeit umsetzen müsse.  (Nr. 200)

19. Er verurteilt die „unsichtbare Hand“ des Marktes. (Nr. 204)

20. Er spricht gegen die Abtreibung. (Nr. 213)

21. Er sagt, dass es „nicht passt zu erwarten, dass die Kirche ihre Haltung über diese Frage ändere“ (zum Glück!) Nr. 214

22. „Auch können die Glaubenden nicht behaupten, dass eine wissenschaftliche Meinung, die ihnen gefällt, und die nicht einmal genügend erwiesen ist, das Gewicht eines Glaubensdogmas erlange“ (gegen den Evolutionismus?) Nr. 243).

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Erklärende Notiz: Was ist der sensus fidelium?

Etim.: Lateinisch: „Das Gefühl / der Instinkt der Gläubigen“.
Weitere Ausdrücke zur gleichen Idee: „consensus fidelium“ und „sensus fidei) (das Gefühl / Gespühr / der Instinkt des Glaubens).

Der Sensus fidelium ist eine spezielle Salbung, welche die Universalität der Gläubigen besitzen, um nicht Schiffbruch zu leiden in ihrem Glauben. Es ist ein übernatürliches Gefühl (Gespühr) des Glaubens des ganzen Volkes, wenn alle „von den Bischöfen bis zu den letzten weltlichen Gläubigen“ die universale Zustimmung zu den Dingen des Glaubens und den Sitten (den Bräuchen) geben. Wenn wir die Universalität der Gläubigen im historischen Sinn nehmen, sehen wir, dass wenn die ganze Kirche, sowohl das Volk wie die Hirten, eine Wahrheit geglaubt (als offenbart angenommen) haben, dass sie sich dann nicht irren können. Es ist unfehlbar. Dies ist anzuwenden auf die grundlegendsten Lehren, welche die Kirche als geoffenbart lehrt. Der Begriff des Sensus Fidelis findet sich bei den Kirchenvätern.

Der Sensus fidelium ist nicht synonym mit dem Geschrei der Mehrheit. Wenn eine Lehre diese Bedingung der Unfehlbarkeit in der Vergangenheit erfüllt hat, und das Volk einer anderen nachherigen Epoche dahin gelangt, zu zweifeln oder zu leugnen, macht dies nicht, dass die Lehre aufhört, unfehlbar zu sein. Wenn der Papst uns an diese Wahrheiten erinnert, ist es nicht nötig, dass er eine neuen feierliche Definition gibt.

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Aus dem Spanischen übersetzt von P. O. Schenker

Siehe auch PANORAMA CATOLICO

„Franziskus der Papst, der das Papsttum abschafft – Die Revolution, die die Kardinäle wollten“

Ein Artikel auf KATHOLISCHES.INFO, den Sie unbedingt lesen müssen, samt den Kommentaren!

Papa Bergoglione

Papa Bergoglione

Siehe auch: FIDES ET FORMA und MESSAINLATINO.IT

Und vor allem (als Grundlage für die Kritik):
PAPST FRANZISKUS: Apostolisches Schreiben: EVANGELII GAUDIUM

Ein Korrespondent hat mich übrigens darauf aufmerksam gemacht, dass Bischof Fellay in seiner Predigt in der St. Vincent de Paul Church in Kansas City vom 13. Oktober 2013 gesagt habe: „Wenn Bergolio-Franz so weiter macht, könnten wir eines Tages gezwungen/verpflichtet sein („to be obliged“), zu sagen, er könne nicht Papst sein“!!!) und „das sei ja auch zuhöchst peinlich angesichts der Ereignisse der letzten beiden Jahre und der Beschimpfungen der Abkommenskritiker als Krypto-Sedisvakantisten, praktische Sedisvakantisten, Schismatiker, etc. durch Fellay, Pfluger und Schmidberger.“

Siehe ebenfalls:

PAPST FRANZISKUS: Apostolisches Schreiben: EVANGELII GAUDIUM

AN DIE BISCHÖFE, 
AN DIE PRIESTER UND DIAKONE,
AN DIE PERSONEN GEWEIHTEN LEBENS  
UND AN DIE CHRISTGLÄUBIGEN LAIEN 
ÜBER DIE VERKÜNDIGUNG DES EVANGELIUMS
IN DER WELT VON HEUTE

Gegeben zu Rom, bei Sankt Peter, zum Abschluss des Jahres des Glaubens, am 24. November – Hochfest unseres Herrn Jesus Christus, König des Weltalls – im Jahr 2013, dem ersten meines Pontifikats.

FRANCISCUS PP

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Offizielle Zusammenfassung der Apostolischen Exhortation von Papst Franziskus

Vatikanstadt, 26. November 2013 (ZENIT.org)

Heute ist das Apostolische Schreiben „Evangelii Gaudium“ von Papst Franziskus zum Abschluss des „Jahres des Glaubens“ vom Heiligen Stuhl veröffentlicht worden. Wir übernehmen im Folgenden die offizielle Zusammenfassung des Schreibens.

Evangelii Gaudium: „Revolution der zärtlichen Liebe“

„Die Freude des Evangeliums erfüllt das Herz und das gesamte Leben derer, die Jesus begegnen:“ So beginnt das Apostolische Schreiben „Evangelii Gaudium“, mit der Papst Franziskus das Thema der Verkündigung der Frohen Botschaft in der Welt von heute entwickelt. Dazu zieht er unter anderem die Arbeiten der Bischofssynode hinzu, die vom 7. bis zum 28. Oktober 2012 im Vatikan zum Thema der Neuevangelisierung getagt hatte. Das Schreiben ist aber kein „postsynodaler“, sich also ausschließlich auf diese Synode beziehender Text. Er habe sich auch Rat geholt und seine eigenen „Besorgnisse zum Ausdruck zu bringen, die mich in diesem konkreten Moment des Evangelisierungswerkes der Kirche bewegen“ (16). Der Papst benennt auch klar die Grenzen, die er sich und seinem Schreiben setzt, auch vom päpstlichen Lehramt könne man keine „endgültige oder vollständige Aussage zu allen Fragen“ erwarten. Es sei nicht angebracht, die Ortsbischöfe in der Bewertung aller Probleme zu ersetzen. „In diesem Sinn spüre ich die Notwendigkeit, in einer heilsamen „Dezentralisierung“ voranzuschreiten.“ (16).

„In diesem Schreiben möchte ich mich an die Christgläubigen wenden, um sie zu einer neuen Etappe der Evangelisierung einzuladen, die von dieser Freude geprägt ist, und um Wege für dem Lauf der Kirche in den kommenden Jahren aufzeigen.“ (1) Der Papst spricht alle Getauften an, er spricht von einem „Zustand permanenter Mission“ (25), den wir aufsuchen müssen um allen Menschen die Liebe Gottes zu bringen und die große Gefahr zu vermeiden, in der die Welt heute lebt: Die individualistische Traurigkeit, wie Papst Franziskus es nennt: Einer Verbindung von Begehren, Oberflächlichkeit und innerer Abgeschottetheit (2).

Verkündende Dynamik

„Neue Wege“ und „kreative Methoden“ sollen dazu dienen, die „ursprüngliche Frische der Frohen Botschaft“ neu zu erschließen. Jesus soll aus den „langweiligen Schablonen“ befreit werden, in die wir ihn gepackt haben (11). Der „Weg einer pastoralen und missionarischen Neuausrichtung (..), der die Dinge nicht so belassen darf wie sie sind“ (25) ist das eine, eine Reform der Strukturen der Kirche das andere, was es dazu braucht.

Papst Franziskus denkt dabei auch an eine „Reform des Papsttums“, weil er dazu berufen sei, das zu leben, was er von anderen verlange (32). Auch sein Amt müsse immer mehr der Bedeutung treu werden, die Christus ihm geben wollte und „mehr den gegenwärtigen Notwendigkeiten der Evangelisierung entspricht“ (32). Mit Bezug darauf spricht der Papst etwa von der Bedeutung der Bischofskonferenzen, die „Subjekte mit konkreten Kompetenzbereichen (..) auch einschließlich einer gewissen authentischen Lehrautorität“ werden sollten, wie es das Zweite Vatikanische Konzil gewünscht habe. „Eine übertriebene Zentralisierung kompliziert das Leben der Kirche und ihre missionarische Dynamik, anstatt ihr zu helfen.” (32) Man dürfe keine Angst haben, die Dinge anzugehen, die zwar historisch gewachsen seien, aber nicht direkt mit dem Evangelium zusammen hingen (43).

Ein Zeichen für die Annahme Gottes sei es, überall offene Kirchen zu haben. Menschen auf der Suche ertrügen nicht die „Kälte einer verschlossenen Tür“. „Auch die Türen der Sakramente dürften nicht aus irgendeinem beliebigen Grund geschlossen werden“, so Franziskus (47), was besonders für die Taufe gelte. Die Eucharistie sei „nicht eine Belohnung für die Vollkommenen, sondern ein großzügiges Heilmittel und eine Nahrung für die Schwachen.“ (47) Das habe auch postorale Konsequenzen, so der Papst weiter, und man müsse diese „mit Besonnenheit und Wagemut“ angehen. Noch einmal betont Franziskus: „Mir ist eine ‚verbeulte’ Kirche, die verletzt und beschmutzt ist, weil sie auf die Straßen hinausgegangen ist, lieber, als eine Kirche, die aufgrund ihrer Verschlossenheit und ihrer Bequemlichkeit, sich an die eigenen Sicherheiten zu klammern, krank ist.“ (49)

Gefahren der Weltlichkeit

Papst Franziskus weist in seinem Schreiben auf die Versuchungen für die Seelsorger und Hirten hin: Individualismus, Krise der Identität, Rückgang des Eifers etc (78). Die größte Gefahr aber sei der „graue Pragmatismus des kirchlichen Alltags, bei dem scheinbar alles mit rechten Dingen zugeht, in Wirklichkeit aber der Glaube verbraucht wird und ins Schäbige absinkt“, zitiert Franziskus Kardinal Josef Ratzinger (83). Man solle Zeichen der Hoffnung sein und nicht in einen sterilen Pessimismus absinken (84, 86), um eine „Revolution der zärtlichen Liebe“ zu erreichen (88). Zu oft fliehe man in eine „’Spiritualität des Wohlbefindens“ ohne Gemeinschaft“ oder eine „’Theologie des Wohlstands’ ohne brüderlichen Einsatz“ (90), in denen die geistliche Weltlichkeit die Oberhand gewinne. Diese Weltlichkeit suche immer nur das eigene Wohl und nicht Gott (93). Papst Franziskus spricht von denen, die sich für etwas Besseres halten, die einem Stil von Katholizismus anhingen, welcher der Vergangenheit angehören, die sich um eine übertriebene Pflege der Liturgie zuwenden, die gesellschaftliche Anerkennung suchen, die zu Funktionären werden. Papst Franziskus zählt die Versuchungen auf, die alle den einen Kern hätten: Hier fehle Christus (95). „Es ist eine schreckliche Korruption mit dem Anschein des Guten. Man muss sie vermeiden, indem man die Kirche in Bewegung setzt, dass sie aus sich herausgeht, in eine auf Jesus Christus ausgerichtete Mission, in den Einsatz für die Armen.“ (97)

Papst Franziskus appelliert an die Gemeinschaft der Kirche, nicht in gegenseitigen Neid und Gegnerschaft zu verfallen, „Wie viele Kriege innerhalb des Gottesvolkes und in den verschiedenen Gemeinschaften!“ (98) Der Schmerz derer, die unter Verwundungen leiden, soll nicht übergangen werden, aber trotzdem stelle ich beim Betrachten der Auseinandersetzungen die Frage: „Wen wollen wir mit diesem Verhalten evangelisieren?“(100)

Die Rolle der Laien

Franziskus unterstreicht die Notwendigkeit, die Verantwortung der Laien für die Kirche zu verstärken, teilweise durch mangelnde Ausbildung, teilweise durch einen „ausufernden Klerikalismus“ spielten sie nicht die Rolle, die sie spielen sollten, auch müssten die „Räume für eine wirksamere weibliche Gegenwart in der Kirche noch erweitert werden,“ vor allem dort, wo die wichtigen Entscheidungen getroffen würden. (92,93) „Die Beanspruchung der legitimen Rechte der Frauen (…) stellt die Kirche vor tiefe Fragen, die sie herausfordern und die nicht oberflächlich umgangen werden können“. (104) Im gleichen Zusammenhang stellt Papst Franziskus aber noch einmal fest, dass das den Männern vorbehaltene Priestertum nicht zur Diskussion stehe, aber „Anlass zu besonderen Konflikten geben (kann), wenn die sakramentale Vollmacht zu sehr mit der Macht verwechselt wird“ (104). Auch die Jugendlichen müssten eine größere Rolle spielen, so der Papst weiter (106).

Der Papst geht auch auf die Fragen des Zusammenhanges von Glaube und Kultur ein, die unter dem Begriff der ‚Inkulturation’ zusammengefasst werden. Die Kirche verfüge nicht über ein einziges kulturelles Modell, die „authentische Katholizität drücke sich in der Verschiedenheit aus“ (116). Die Kirche könne nicht erwarten, dass die gesamte Welt das Modell übernähme, dass sich in der Geschichte Europas herausgebildet hätte (118): „Die Kultur ist etwas Dynamisches, das von einem Volk ständig neu erschaffen wird“ (122). Hier sei besonders die Volksfrömmigkeit von Bedeutung, so Franziskus, „in der der empfangene Glaube in einer Kultur Gestalt angenommen hat und ständig weitergegeben wird“ (123). Um diese Weitergabe fruchtbar zu machen, ruft der Papst die Theologen auf, den Dialog und die Begegnung zu fördern und zu reflektieren. „Doch ist es für diese Aufgabe nötig, dass ihnen die missionarische Bestimmung der Kirche und der Theologie selbst am Herzen liegt und sie sich nicht mit einer Schreibtisch-Theologie zufrieden geben.“(133)

Gerechtigkeit und Menschlichkeit

„In der Wurzel ungerecht” nennt Papst Franziskus das aktuelle ökonomische System (59). Diese Form der Wirtschaft töte, denn in ihr herrsche das Gesetz des Stärkeren. Der Mensch sei nur noch als Konsument gefragt, und wer das nicht leisten könne, der werde nicht mehr nur ausgebeutet, sondern ganz ausgeschlossen, weggeworfen. Diese Kultur des Wegwerfens habe etwas Neues geschaffen. „Die Ausgeschlossenen sind nicht „Ausgebeutete“, sondern Müll, „Abfall“.“ (53) Die Welt lebe in einer neuen Tyrannei des „vergötterten Marktes“, die manchmal sichtbar, manchmal virtuell sei. Hier regiere die Finanzspekulation, die Korruption und Egoismen, die sich etwa in Steuerhinterziehung ausdrückten (56).

Franziskus weist auch auf Angriffe auf die Religionsfreiheit hin, auf die „neuen Situationen der Christenverfolgung, die in einigen Ländern allarmierende Stufen des Hasses und der Gewalt erreicht haben.“(61)

Auch die Familie durchlaufe eine tiefe kulturelle Krise, so Franziskus. Sie sei der Ort des Lernens, mit Verschiedenheiten umzugehen und zu reifen, werde aber „tendenziell als eine bloße Form affektiver Befriedigung gesehen“ (66). Dagegen zerstöre „der postmoderne und globalisierte Individualismus“ die Bindungen zwischen Menschen und die Familienbande. (67)

Der Papst betont die Verbindung zwischen der Verkündigung und der Förderung der Menschlichkeit, „die sich notwendig in allem missionarischen Handeln ausdrücken und entfalten muss“ (178). Man könne von der Kirche nicht erwarten, dass sie den Glauben ins Privatleben verlege und so keinen Einfluss mehr habe auf das soziale Zusammenleben. „Wer würde es wagen, die Botschaft des heiligen Franz von Assisi und der seligen Teresa von Kalkutta in ein Gotteshaus einzuschließen und zum Schweigen zu bringen?“ (183) Franziskus zitiert an dieser Stelle Papst Johannes Paul II.: Die Kirche könne nicht abseits stehen, wenn es um das „Ringen um Gerechtigkeit“ geht.

Die Armen seien für die Kirche zuerst eine theologische Kategorie, dann erst eine soziologische oder politische. „Aus diesem Grund wünsche ich mir eine arme Kirche für die Armen.“ (198) Jede Gemeinschaft in der Kirche, welche die Armen vergesse, stehe in der „Gefahr der Auflösung“ (207), weil das religiöse Tun fruchtlos werde und in einer „spirituellen Weltlichkeit“ aufgehe.

Papst Franziskus lädt zu einer Sorge um die Schwächsten ein: Die Kirche müsse den „neuen Formen von Armut und Hinfälligkeit – Obdachlosen, den Drogenabhängigen, den Flüchtlingen, den eingeborenen Bevölkerungen, den immer mehr vereinsamten und verlassenen alten Menschen usw.“ Aufmerksamkeit schenken, außerdem besonders auch den Flüchtlingen, hier rufe er zu einer „großherzigen Öffnung auf, die, anstatt die Zerstörung der eigenen Identität zu befürchten, fähig ist, neue kulturelle Synthesen zu schaffen.“(210)

Ein brennendes Thema seien auch die neuen Formen der Sklaverei, die unsere Gesellschaft hervorbringe, so der Papst. Es seien diejenigen, die wir jeden Tag umbringen würden durch Arbeit in einer illegalen Fabrik, im Netz der Prostitution, in den zum Betteln missbrauchten Kindern. „Es gibt viele Arten von Mittäterschaft. Die Frage geht alle an! Dieses mafiöse und perverse Verbrechen hat sich in unseren Städten eingenistet, und die Hände vieler triefen von Blut aufgrund einer bequemen, schweigenden Komplizenschaft.“ (211)

Zu den Schwächsten, derer sich die Kirche annehme, gehörten auch die ungeborenen Kinder, denen die Würde des menschlichen Lebens verweigert würde (213). Die Kirche werde ihre Einstellung in dieser Frage nicht ändern, es sei keine Frage der „Modernität“, der sich die Kirche anpassen müsste. Allerdings müsse die Kirche sich auch fragen, ob sie genug getan habe und Verständnis aufgebracht habe für die Frauen, die durch eine Schwangerschaft in Notlagen geraten (214).

Dialog

Die Verkündigung impliziere den Weg des Dialogs, so der Papst. Dieser Weg öffne die Kirche für die Zusammenarbeit mit politischen, sozialen, religiösen und kulturellen Institutionen und Gruppen (238). Hier hinein gehört auch die Ökumene, die ein unaufgebbarer Teil der Verkündigung sei, die Spaltung der Christen verhindere das glaubwürdige Zeugnis. Außerdem könnten die Christen viel voneinander lernen, Franziskus weist hier auf die orthodoxen Kirche und ihre Tradition der Synodalität hin“ (246).

Der Dialog und die Freundschaft mit den Kindern Israels sei ebenfalls ein Teil des Lebens der Jünger Jesu (248). Auch der interreligiöse Dialog, geführt mit einer „klaren und freudigen Identität“, sei eine notwendige Bedingung für den Frieden in der Welt und verdunkle die christliche Verkündigung keineswegs (250,251). Demütig bitte er die Länder mit islamischer Tradition darum, „in Anbetracht der Freiheit, welche die Angehörigen des Islam in den westlichen Ländern genießen, den Christen Freiheit zu gewährleisten, damit sie ihren Gottesdienst feiern und ihren Glauben leben können.“(253)

Verkündiger im Heiligen Geist

Im Abschlusskapitel spricht Papst Franziskus von den Evangelisatoren, die sich dem Handeln des Heiligen Geistes öffnen. „Der Heilige Geist verleiht außerdem die Kraft, die Neuheit des Evangeliums mit Freimut (parrhesía) zu verkünden, mit lauter Stimme, zu allen Zeiten und an allen Orten, auch gegen den Strom.“ (259). Dies seien Verkünder, die beteten und arbeiteten, sie seien überzeugt, dass „die Mission (..) eine Leidenschaft für Jesus (ist), zugleich aber eine Leidenschaft für sein Volk.“ (268) Eingeladen, Zeugnis abzulegen für den Grund unserer Hoffnung würden sie das nicht als Feinde, die verurteilten (271). Der Papst ermutigt: „Da wir nicht immer diese aufkeimenden Sprossen sehen, brauchen wir eine innere Gewissheit und die Überzeugung, dass Gott in jeder Situation handeln kann, auch inmitten scheinbarer Misserfolge, denn ‚diesen Schatz tragen wir in zerbrechlichen Gefäßen’ (2 Kor 4,7).“ (279)

Das Schreiben schließt mit einem Mariengebet, „denn jedes Mal, wenn wir auf Maria schauen, glauben wir wieder an das Revolutionäre der Zärtlichkeit und der Liebe.“(288)

(26. November 2013) © Innovative Media Inc.